
100 m
100 m - Umstrittener Coleman sprintet überlegen zu Gold
Christian Coleman aus den USA hat bei der Leichtathletik-WM in Doha mit einem überlegenen Rennen Gold über 100 m gewonnen. Der Amerikaner Justin Gatlin holte Silber, der Kanadier Andre De Grasse Bronze.
Coleman lief schon auf den ersten 60 Metern einen klaren Vorsprung heraus und kam in 9,76 Sekunden ins Ziel. "Ich wusste, ich muss es nur abrufen, ein gutes Rennen hinlegen. Ich war mir ziemlich sicher", sagte Coleman im ZDF. "Wie man sich nachher fühlt, das kann ich gar nicht beschreiben."
Coleman legte im Anschluss an eine gewöhnungsbedürftige Lichtershow im Khalifa International Stadium in Doha die zweitschnellste Siegerzeit der Geschichte hin. Nur Usain Bolt war bei seinem Weltrekord (9,58) in Berlin 2009 schneller als der Mann aus Atlanta bei einer Weltmeisterschaft. Coleman steigerte seine Bestleistung um drei Hundertstelsekunden und ist jetzt die Nummer sechs der ewigen Weltbestenliste. Titelverteidiger Gatlin folgte in 9,89 Sekunden, De Grasse blieb in 9,90 Sekunden knapp der Bronzeplatz. Akani Simbine aus Südafrika holte in 9,93 Sekunden Rang vier.
Coleman: "Unterstellungen hindern mich nicht"
Coleman hatte vor der WM wegen drei verpasster Dopingtests innerhalb eines Jahres für Schlagzeilen gesorgt. Aus formalen Gründen entging er jedoch einer Sperre. Coleman beteuerte seine Unschuld: Zweimal habe er es versäumt, seine Meldedaten zu aktualisieren, einmal sei der Anruf der Kontrolleurin ausgeblieben. Sein Landsmann und Sprintlegende Michael Johnson kritisierte ihn dennoch scharf für die Affäre. Coleman sei seiner "Verantwortung" als potenzieller Superstar der Leichtathletik nicht nachgekommen, sagte Johnson der BBC: "Er hat sich keinen Gefallen getan, wie er mit dieser Situation umgegangen ist."
"Die Leute reden darüber", sagte Coleman im ZDF. "Und es ist schwierig, darüber hinwegzusehen oder daran vorbeizuhören. Aber die Vorwürfe und Unterstellungen hindern mich nicht daran, weiter nach vorn zu schreiten."
Seitdem die Affäre hochkochte, hatte Coleman bis zur WM kein Rennen mehr bestritten, kämpfte vielmehr um seinen Ruf - zuletzt mit einem 22 Minuten langen Video bei Youtube. "Die Menschen verstehen nicht, wie leicht es passieren kann, einen Test zu verpassen", sagte er darin: "Manchmal vergisst du, die App zu aktualisieren, aber das hat nichts mit Doping zu tun oder dem Versuch, einem Test auszuweichen."
Neuer Abschnitt
Top-Sprinter
Die Schnellsten der Schnellen und ihre Schatten
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Usain Bolt: Weltrekordler mit 9,58 Sekunden (2009). Der jamaikanische Superstar ist der Schnellste von allen und wurde bei keinem seiner zahlreichen Doping-Tests auffällig oder anderweitig beschuldigt.
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Tyson Gay: 9,69 Sekunden (2009). Der US-Amerikaner wird vor der WM in Moskau 2013 positiv auf ein anaboles Steroid getestet. Gay ist voll geständig und kooperiert mit den Behörden, nennt Hintermänner wie seinen damaligen Coach Jon Drummond, der acht Jahre gesperrt wird. Deswegen kommt der US-Sprinter mit nur einem Jahr Sperre davon.
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Yohan Blake: 9,69 Sekunden (2012). Usain Bolts jahrelanger Trainingspartner wird kurz vor der WM 2009 positiv auf das Stimulanzmittel 4-Methyl-2-hexanamine getestet. Er erreicht zunächst einen Freispruch, da die Substanz nicht auf der Dopingliste der WADA stand. Letztlich kassiert Blake trotzdem eine dreimonatige Sperre, weil sich heraustellt, dass das Mittel eine ähnliche Struktur wie ein verbotener Dopingstoff hat. 2011 in Daegu wird er Weltmeister.
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Asafa Powell: 9,72 Sekunden (2008). Ebenso wie Gay wurde der Jamaikaner kurz vor der WM 2013 in Moskau positiv getestet. Bei dem ehemaligen Weltrekordler finden die Fahnder das Stimulanzmittel Oxilofrin. Im Gegensatz zu Gay bestreitet Powell allerdings, wissentlich gedopt zu haben und zieht bis vor das Internationale Sportgericht CAS, das seine ursprünglich 18-monatige Sperre auf ein halbes Jahr verkürzt. Seit Juli 2014 läuft der Jamaikaner wieder mit.
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Justin Gatlin: 9,74 Sekunden (2015). Eigentlich ist der US-Amerikaner in puncto Doping Wiederholungstäter. Lebenslang gesperrt ist er trotzdem nicht. 2001 wird Gatlin positiv auf Amphetamine getestet, "wegen außergewöhnlicher Umstände" aber nur für ein Jahr gesperrt. Das ist der Grund, warum er 2006 bei seinem zweiten positiven Test, dieses Mal auf Testosteron, nicht als Wiederholungstäter behandelt wird und mit acht und nach einem Gang vors Gericht mit vier Jahren Sperre davonkommt. Seit 2010 ist er wieder auf den Sprintbahnen unterwegs, schneller denn je. Im Mai 2015 setzt er seine persönliche Bestmarke, 2017 wird er zum zweiten Mal nach 2005 Weltmeister.
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Christian Coleman: 9,76 Sekunden (2019). Der Weltmeister von Doha 2019 ist der Senkrechtstarter der Sprintszene und mit einer "Missed Tests"-Affäre belastet. Am 6. Juni 2018, den 16. Januar 2019 und auch den 26. April 2019 verpasst der US-Athlet Dopingkontrollen. Bei drei "missed tests" innerhalb eines Jahres droht Coleman eine Sperre von bis zu zwei Jahren. Doch dazu kommt es nicht. Die WADA-Regeln besagen, dass "missed tests" auf den ersten Tag des betroffenen Quartals rückdatiert werden. So wird bei Coleman aus dem 6. Juni der 1. April 2018 und die drei verpassten Tests innerhalb von zwölf Monaten sind vom Tisch. Colemans Kommentar: "Ich weiß, dass ich niemals verbotene Substanzen genommen und dass ich niemals gegen eine Anti-Doping-Regel verstoßen habe. Ich arbeite hart im Training, trinke Wasser, ruhe mich aus und arbeite am nächsten Tag noch härter."
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Nesta Carter: 9,78 Sekunden (2010). Carters Name fällt bereits 2013 im Zuge des positiven Dopingtests von Asafa Powell. Nachgewisen wird ihm nichts. Dafür aber Anfang 2017. Bei nachträglichen Analysen der Olympischen Spiele 2008 in Peking wird Carter positiv auf das Dopingmittel Methylhexanamin getestet. Jamaika verliert daraufhin das Staffel-Gold.
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Maurice Greene: 9,79 Sekunden (1999). Der Mexikaner Angel Guillermo Heredia, Kronzeuge der US-Justiz im Balco-Skandal, gibt 2008 vor Gericht an, dass Greene ihm 10.000 Dollar für Dopingmittel gegeben habe. Der dreimalige Weltmeister gibt die Überweisung zu, will allerdings für Mitglieder seiner Trainingsgruppe bezahlt haben. Eine Sperre oder Sanktionen gibt es nicht.
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Steve Mullings: 9,80 Sekunden (2011). 2004 wird der damals 28 Jahre alte Jamaikaner wegen Dopings mit Methyltestosteron zwei Jahre gesperrt. 2011 geht der Staffel-Weltmeister von Berlin 2009 den Fahndern erneut ins Netz: positiv getestet auf die maskierende Substanz Furosemid. Die Quittung ist eine lebenslange Sperre.
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Richard Thompson: 9,82 Sekunden (2014). Der Sprinter aus Trinidad und Tobago läuft über Jahre in der Weltspitze mit. Einen positiven Test des olympischen Silbermedaillengewinners von 2008 in Peking gibt es nicht.
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Zwei Fabelzeiten zweier prominenter Ex-Kollegen von Bolt und Co. wurden aus den offiziellen Ergebnislisten getilgt, weil sie nur mithilfe verbotener Mittel zustande gekommen sind.
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Zum einen ist da Tim Montgomery. 2005 wird der US-Amerikaner im Zuge des Balco-Skandals vom Internationalen Sportgerichtshof CAS wegen der Einnahme von Steroiden und Wachstumshormonen für zwei Jahre gesperrt. Seine Weltrekordzeit von 9,78 Sekunden von 2002 wird ihm aberkannt. 2008 gibt Montgomery zu, bereits bei Olympia 2000 gedopt zu haben. Wegen Geldwäsche und Heroinhandel landet er 2008 im Gefängnis. Seit 2012 ist er wieder ein freier, nach eigenen Angaben geläuterter Mann. Bis heute besteht der Ex-Sprintstar allerdings darauf, bei seinem Rekordlauf "clean" gewesen zu sein.
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Und auch Ben Johnson ist nicht mehr Teil dieser illustren Runde. Bei den Olympischen Spielen in Seoul sorgt der Kanadier für einen der größten Skandale der Leichtathletik-Geschichte. Zwei Tage nach seinem Weltrekord-Goldlauf in 9,79 Sekunden wird der gebürtige Jamaikaner des Dopings mit dem anabolen Steroid Stanozolol überführt. Vier Jahre bekommt Johnson aufgebrummt und wird nach seinem Comeback 1993 erneut erwischt, dieses Mal mit Testosteron. Die Folge ist eine lebenslange Sperre und die Annullierung seiner Ergebnisse.
Stand: 28.09.19 21:28 Uhr