
Busemanns WM-Kolumne
Kolumne: Gewinnen ist geil
Worum geht's im Sport? Nur ums Dabeisein? Oder ums Gewinnen? Frank Busemann hat eine klare Meinung: Gewinnen ist geil - aber verlieren nicht schlecht. Denn man kann viel daraus lernen.
Gold, Silber, Bronze, Blech. So ist die grobe Klassifikation über "Gut" und "Schlecht". Der vorne ist gut, der hinten ist schlecht. Sport ist so einfach. Schauen wir auf die WM, dann gibt es doch eine differenziertere Klassifikation. Von 60.000 Dollar für den Titel staffeln sich die Prämien bis 4.000 Dollar für Platz acht. Da sollte es sich doch lohnen, Gas zu geben?! Und wir fiebern natürlich mit.
Aber wenn wir mal nach Hause gucken, fällt allzu oft auf, dass im Kinder- oder Schulsport peinlichst auf eine diffamierende Qualifizierung verzichtet wird. Der Letzte darf sich nicht schlecht fühlen. Verlieren ist böse und voll gemein. Die Motivation sinkt im Zeichen der Niederlage auf den Nullpunkt. Für den Moment. Für das Leben. Für alles. Ach, bestimmt für immer. Der Erste merkt aber schon irgendwie, dass er besser als der andere ist. Wenn er ihn beim 400-Meter-Lauf überrundet, ist der Leistungsunterschied offensichtlich. Der ist ja nicht blöd. Der andere auch nicht. Aber gewonnen hat der Schnelle trotzdem nicht. "Ei, habt ihr das fein gemacht!"
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Titelträger
Alle Weltmeister von Doha
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Die erste Goldmedaille der Leichtathletik-WM 2019 in Doha sichert sich Ruth Chepngetich beim Marathon der Frauen. Die Läuferin aus Kenia gewinnt in 2:32:43 Stunden.
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Das zweite Gold wird beim Hammerwurf der Frauen vergeben. Dabei schleudert mit 77,54 m keine das Gerät so weit wie die Amerikanerin DeAnna Price.
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Im Finale der Frauen über 10.000 m bleibt die Niederländerin Sifan Hassan lange im Hintergrund und gewinnt letztlich nach 30:17,62 Minuten.
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Zum ersten Gold der Männer fliegt Tajay Gayle aus Jamaika beim Weitsprung mit 8,69 m.
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In der wohl populärsten Disziplin, dem 100-m-Sprint, ist bei den Männern der Amerikaner Christian Coleman mit 9,76 Sekunden der Schnellste.
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In der nächtlichen Hitze der katarischen Hauptstadt gewinnt der Japaner Yusuke Suzuki Gold über 50 km Gehen. Mit einer Siegerzeit von 4:04:20 Stunden war es das mit Abstand langsamste Rennen der WM-Geschichte.
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Bei den Frauen, die in Doha über 50 km zeitgleich mit den Männern starteten, holt sich die Chinesin Liang Rui in 4:23:26 Stunden den Titel.
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Nach einem harten Duell mit der Amerikanerin Sandy Morris überquert Stabhochspringerin Anschelika Sidorowa aus Russland 4,95 Meter und holt sich Gold.
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In der Mixed-Staffel zeigen die USA wiederholt, was für eine Macht sie sind, wenn es ums Laufen geht. Sie holen Gold über 4x400 m und stellen dabei in 3:09,34 Minuten einen Weltrekord auf.
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Drei Sprünge aufs höchste Treppchen: Christian Taylor ist Weltmeister im Dreisprung.
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Keine Frau ist über 100 m schneller als Shelly-Ann Fraser-Pryce. Die Jamaikanerin holt sich in Doha ihren vierten WM-Titel über diese Strecke.
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Hong Liu heißt die Siegerin im 20 km Gehen. Genau wie die Silber- und Bronzemedaillengewinnerin kommt sie aus China, das somit auf dieser Strecke einen Dreifach-Triumph feiert.
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Beim Finale der Männer über 5.000 m sieht es bis zur letzten Runde nach einem europäischen Erfolg durch Jakob Ingebrigtsen aus. Letztlich zieht der Äthiopier Muktar Edris aber an und verteidigt nach 12:58,85 Minuten den WM-Titel.
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Über 3.000 m Hindernis der Frauen ist keine so schnell und geschickt wie Beatrice Chepkoech (M.) aus Kenia, die nach 8:57,84 Min. mit großem Vorsprung als Erste einläuft. Gesa Felicitas Krause (l.) wird hinter Emma Coburn Dritte und holt damit die erste Medaille für das deutsche Team in Doha.
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Beim Diskuswurf der Männer schleudert keiner die Scheibe so weit wie Daniel Stahl. Der Schwede holt sich mit 67,59 m den ersten Platz.
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Unter neutraler Flagge tritt die Russin Marija Lassizkene beim Hochsprung der Frauen an. Mit 2,04 m gewinnt sie ihren dritten WM-Titel in Serie.
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Über zwei Runden und damit 800 m ist keine schneller als Halimah Nakaayi aus Uganda, die nach 1:58,04 Min. ins Ziel kommt.
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Tempo und Geschicklichkeit vereint über 400 m Hürden keiner so gut wie Karsten Warholm. Der Norweger überquert die Ziellinie nach 47,42 Sek. und verteidigt so seinen WM-Titel.
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Einen Krimi liefern sich die Stabhochspringer im Finale, in dem letztlich Sam Kendricks aus den USA mit 5,97 m nur aufgrund weniger Fehlversuche das bessere Ende für sich hat und seinen WM-Titel verteidigt.
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Im Finale der Männer über 800 m läuft Donovan Brazier aus den USA seine eigenen Bahnen und gewinnt nach 1:42,34 Min. souverän den Titel.
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Die australische Speerwerferin Kelsey-Lee Barber wirft ihr Arbeitsgerät im letzten Durchgang 66,56 m weit und springt damit vom vierten noch auf den ersten Platz.
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Das Finale der Männer über 200 m dominiert Noah Lyles aus den USA, der nach 19,83 Sek. die Ziellinie überquert und Gold gewinnt.
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Beim Pendant der Frauen führt kein Weg an Dina Asher-Smith vorbei. Die Britin sprintet in 21,88 Sek. zu Gold.
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Im Finale der Männer über 110 m Hürden läuft Grant Holloway aus den USA wie im Semifinale 13,10 Sek. - was im Halbfinale noch zweitbeste Zeit war, reicht diesmal zum ersten Rang.
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Die Dominanz in Person ist Pawel Fajdek: Der Pole wirft seinen Hammer 80,50 m weit und gewinnt damit den vierten WM-Titel in Folge.
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Beim Kugelstoßen der Frauen beweist Lijiao Gong aus China ihre Stärke und stößt mit 19,55 m wie in London 2017 am weitesten.
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Bei der Entscheidung der Frauen über 400 m zeigt Salwa Eid Naser aus Bahrain eine überragende Leistung und gewinnt Gold mit der drittschnellsten Zeit der Geschichte (48,14 Sek.).
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Die Siebenkämpferinnen liefern sich einen spannenden Wettkampf, den die Britin Katarina Johnson-Thompson mit 6.981 Punkten (Weltjahresbestleistung) gewinnt.
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Beim Pendant der Männer, dem Zehnkampf, liefert Niklas Kaul am zweiten Tag ein Spektakel und gewinnt sensationell mit 8.691 Punkten Gold. Er ist mit 21 Jahren der jüngste Zehnkampf-Weltmeister der Geschichte.
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Beim Finale der Frauen über 400 m Hürden sorgt Dalilah Muhammad aus den USA für einen Paukenschlag und gewinnt Gold in 52,16 Sekunden - Weltrekord!
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In einem Herzschlag-Finale der Männer über 3.000 m Hindernis kommt der Kenianer Conseslus Kipruto durch eine herrliche Aufholjagd nach 8:01,35 Min. (Weltjahresbestleistung) hauchdünn als Erster ins Ziel.
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Beim Diskuswurf der Frauen präsentiert sich die Jahresbeste Yaimé Pérez aus Kuba in Topform und gewinnt mit einer Weite von 69,17 m ihr erstes WM-Gold.
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Beim Hochsprung der Männer hat der Lokalmatador Mutaz Essa Barshim aus Katar seinen großen Auftritt. Der Weltmeister von 2017 wird vom Publikum zu seiner Titelverteidigung mit 2,37 m gepusht.
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Im Finale der Männer über 400 m lässt Steven Gardiner von den Bahamas die Konkurrenz souverän hinter sich und gewinnt Gold in 43,48 Sek.
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Das Gehen der Männer wird von den Gastgebern der kommenden Olympischen Spiele dominiert. Der Japaner Toshikazu Yamanishi gewinnt die Hitzeschlacht über 20 km. Sein Landsmann Yusuke Suzuki hatte über 50 km triumphiert.
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Beim Finale der Frauen über 1.500 m vollbringt Sifan Hassan Historisches: Die Niederländerin ist die erste Athletin, die Gold über 10.000 und eben jene 1.500 m bei einer WM gewinnt. Die Zeit von 3:52,95 Min. bedeutet zudem Europarekord.
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In einem furiosen Finale der Kugelstoßer lässt Joe Kovacs sein Arbeitsgerät 22,91 m weit fliegen und gewinnt Gold hauchdünn mit einem Zentimeter Vorsprung.
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Im Finale der Frauen über 5.000 m lässt Hellen Obiri aus Kenia ihren Kontrahentinnen keine Chance und gewinnt mit einem Start-Ziel-Sieg in 14:26,72 Min. WM-Gold. Damit verteidigt sie ihren Titel von London 2017.
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Hop, Step, Jump: Den Dreisprung der Frauen dominiert Yulimar Rojas aus Venezuela mit deutlichem Vorsprung und einer Weite von 15,37 m. Der Lohn ist wie 2017 in London der WM-Titel.
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Im Finale der Frauen über 4x100 m lässt die Staffel von Jamaika mit Jonielle Smith, Natalliah Whyte, Shelly-Ann Fraser-Pryce und Shericka Jackson (v.l.) keinen Zweifel an ihrer Stärke aufkommen und gewinnt Gold in 41,44 Sek. (Weltjahresbestleistung).
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Bei der Männer-Staffel über 4x100 m liefern die USA um Schlusssprinter Noah Lyles ganz großen Sport ab. Perfekte Übergänge und enormes Tempo münden in der zweitbesten je gelaufenen Staffel-Zeit: 37,10 Sek.
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Im Marathon der Männer hatte Lelisa Desisa aus Äthiopien im Zielspurt das bessere Ende für sich: Der 29-Jährige gewann mit vier Sekunden Vorsprung vor seinem Landsmann Mosinet Geremew.
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Das Finale der Männer über 1.500 m dominiert Timothy Cheruiyot aus Kenia. Nach Silber 2017 gewinnt der 23-Jährige in 3:29,26 Min. endlich Gold.
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Nicht ganz so dominant, aber nicht minder erfolgreich ist Joshua Cheptegei aus Uganda im Finale der Männer über 10.000 m unterwegs. Er gewinnt in 26:28,36 Min. nach Silber in London 2017 nun sein erstes WM-Gold.
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Überglücklich darf auch Nia Ali aus den USA sein. Die Hürdensprinterin "fliegt" im Finale über 100 m in 12,34 Sek. zum WM-Titel.
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Was für ein Sprung: Im Weitsprungfinale der Frauen stellt Malaika Mihambo die Konkurrenz in den Schatten. Sie springt fantastische 7,30 m (persönliche Bestweite) und gewinnt nach EM-Gold 2018 nun auch zum ersten Mal WM-Gold.
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Erster WM-Titel für Anderson Peters aus Grenada: Der 21-Jährige setzt sich im Speerwurf-Finale in Doha mit einer Weite von 86,89 m durch und verweist den Weltjahresbesten Magnus Kirt aus Estland sowie Johannes Vetter aus Offenburg auf die Plätze zwei und drei.
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Die abschließenden Entscheidungen werden bei den Staffeln gesucht: Schlussläuferin Wadeline Jonathas läuft für die 4x400-m-Staffel der USA als Erste ins Ziel und sichert den Amerikanerinnen Gold.
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Auch in der 49. und letzten Entscheidung der WM in Doha jubeln die USA: Michael Cherry, Wilbert London, Rai Benjamin und Fred Kerley (v.l.) gewinnen das Finale über 4x400 m vor Jamaika und Belgien. Die USA stehen am Ende der Weltmeisterschaften mit 14 Gold-, elf Silber- und vier Bronzemedaillen an der Spitze des Medaillenspiegels.
Weltmeister im Erbsenzählen

Bo Kanda Lita Baehre will hoch hinaus - wie eigentlich alle Sportlerinnen und Sportler.
Und jetzt gucken wir also die Weltmeisterschaften. Die rackern sich ab, dass die Bahn blubbert und die Klamotten kleben. Der viertplatzierte Bo Kanda Lita Baehre weiß einen Tag später noch nicht mal, dass er 15.000 Dollar gewonnen hat. Was?! Da haben wir es wieder! Der springt ja nur zum Spaß! "Ei, hat er fein gemacht!" Die Platzierung ist ihm schon klar, dafür macht er den Quatsch ja. Aber auf der anderen Seite will er auch wissen, was er kann, und einschätzen, wie viel das im Vergleich wert ist.
Spränge er nur für Geld, würde sich die Dosis irgendwann abnutzen. Den Spaß kann man aber nicht kaufen. Das Schöne ist die Individualität der Anforderung. Jeder muss seine Disziplin finden. Der eine springt, die andere läuft, der nächste zählt Erbsen. Die Problematik der letztgenannten Disziplin ist die fehlende Anerkennung diverser Sportverbände - und somit kann eine wettkampfbasierte Form der Vergleichbarkeit nicht durchgeführt werden. Vielleicht starte ich noch mal ein Comeback: Weltmeister im Erbsenzählen. Könnte was werden.
Draufhauen oder abhauen?
Jetzt könnte man meinen, dass Kinder nicht verlieren dürfen. Aber wie wollen wir Kinder begeistern, wenn alles gleich ist? Ob Erster oder Letzter - es ist egal. Gut oder schlecht, egal. Sich anstrengen oder chillen. Egal. Warum rast unser Herz, wenn wir einen vermeintlich fremden Menschen mit Deutschland-Trikot laufen, springen, werfen sehen? Weil wir mitfiebern.
Vor Zigtausenden von Jahren hat die Evolution den Stress zum Überleben erfunden. Säbelzahntiger kommt, Fred zuckt kurz zusammen und hat die Wahl. Draufhauen oder abhauen. Mehr nicht. Äußerst spartanisch zum heutigen Vergleich. In beidem muss er ziemlich gut sein, wenn er eine Chance haben will. Heute ist der Säbelzahntiger 60.000 Dollar schwer und wir können die Begegnung mit ihm genau datieren. Und weil wir nicht alle im Stadion im Finale stehen können, wollen wir das irgendwie miterleben. Mitfiebern und sich freuen haben ihren Ursprung in der Adrenalin-Ausschüttung der Evolution.
Wer mehr will, darf mehr wollen
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Dabei muss ein vierter Platz nicht schlecht sein. Er kann aber auch undankbar sein. Das ist okay. Wer mehr will, darf mehr wollen. Wer mehr kann, muss mehr dürfen. Das Gefühl der richtigen Einschätzung entsteht genau in diesem Zusammenspiel von Sieg und Niederlage. Deshalb lernen wir auch im Sport, dass selbst ein letzter Platz ein persönlicher Sieg sein kann. Es liegt an uns und jedem selbst, das richtig einzuschätzen. Wenn andere besser waren, bekommen wir einen Anreiz, es ihnen gleichzutun. Wenn wir alles gegeben haben, können wir uns nichts vorwerfen. Das ist gewinnen ohne zu siegen. Seltsam, aber wahr.
Jeder kann sich verbessern, am Ende sogar immer besser werden. Dafür hat er hart trainiert, alles gegeben, auf vieles verzichtet. Für diesen einen Moment, der für alles entschädigt. Für diese Sekunde des Triumphs, wenn aller Druck entweicht und eine ungeheure Leichtigkeit durch den Körper strömt. Alle Schmerzen entweichen und Platz machen für die Vollkommenheit des Glücks.
Wer viel investiert, der bekommt viel zurück. Sport ist die Schule des Lebens. Nur in leicht. Trotzdem darf der Verlierer heulen. Nichts ist schlimmer als egal. Gewinnen ist geil. Und verlieren nicht schlimm. Wenn man daraus lernt ...
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International
Typen und Top-Athleten bei der WM in Doha
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Eine Stabhochspringerin mit Höhenangst, geht das? Und wie! Ekaterini Stefanidi kommt mit Höhe eigentlich nicht so gut zurecht, außer wenn ein Stab im Spiel ist. "Wenn ich springe, habe ich aber alles unter Kontrolle, und es geht auch so schnell", sagt die Griechin. 2016 ging der Stern der technisch herausragenden Überfliegerin auf: Olympiasieg, Europameistertitel und Diamond-League-Triumph. 2017 kam erstmals WM-Gold dazu, in diesem Jahr der vierte Diamond-League-Gesamtsieg in Folge. Auch in Doha dürfte der Sieg bei den Stabartistinnen nur über die 29-Jährige gehen.
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Jennifer Suhr ist fast auf den Tag genau acht Jahre älter als Stefanidi, springt in dieser Saison aber vorne weg. Die Weltjahresbestenliste weist die Amerikanerin mit 4,91 m als Führende aus. Dabei tritt die 37 Jahre alte Olympiasiegerin von 2012 nach eigener Aussage schon seit Anfang 2018 kürzer, geht auch mal wandern oder campen statt zu trainieren. Ihrer Leistung tut das offensichtlich keinen Abbruch. Die gebürtige New Yorkerin ist besser denn je und ist nach Silber 2013 in Moskau in Doha eine Anwärterin auf den Platz ganz oben auf dem Treppchen.
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Hochspringerin Marija Lassizkene galt schon als Kind als Ausnahmetalent, gewann die Olympischen Jugendspiele und sprang Junioren-Hallenweltrekord. Mittlerweile ist die Russin das Maß der Dinge im Frauen-Hochsprung, amtierende Europameisterin und zweimalige Weltmeisterin. Während sie 2015 in Peking noch unter ihrem Mädchennamen Marija Kutschina und russischer Flagge triumphierte, gewann sie 2017 nach der Doping-Sperre für den russischen Verband als "neutrale Athletin". Als solche wird sie auch in Doha antreten. Die Weltjahresbeste (2,06 m) positioniert sich öffentlich klar. "Ich hoffe, dass jene Leute, die für diese nicht endende Schande verantwortlich sind, den Mut aufbringen, endlich abzutreten", schrieb sie bei Instagram nach der Verlängerung der Sperre des russischen Leichtathletik-Verbandes in Richtung RUSAF-Präsident Dmitri Schljachtin und Co.
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Dina Asher-Smith setzte 2015 im britischen Sprint neue Maßstäbe, als sie als erste Frau die 100 m in einer Zeit unter elf Sekunden lief (10,99) und über 200 m den 31 Jahre alten Rekord von Kathy Cook auf 22,07 Sekunden verbesserte - mit 19 Jahren. Mittlerweile stehen die britischen Bestmarken über 100 und 200 m bei 10,85 und 21,89 Sekunden. Aufgestellt von Asher-Smith bei ihren beiden EM-Siegen 2018. Das dritte Gold holte sie in Berlin mit der Staffel. Mit dem britischen Sprint-Quartett gewann sie bislang Olympia-Bronze und zwei WM-Medaillen (Silber 2017, Bronze 2013). Ausschließlich über den Sport definieren will sich die studierte Historikerin allerdings nicht. "Wenn ich verliere, gehe ich nach Hause, verarbeite das und versuche, besser zu trainieren. Niemand stirbt, es geht nicht um Politik - wir rennen bloß im Kreis herum", sagte die 23 Jahre alte Medaillenkandidatin für Doha der "Neuen Zürcher Zeitung".
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Gerade über 100 m wird in Doha Gold, Silber oder Bronze wohl nur über Shelly-Ann Fraser-Pryce gehen. "Pocket Rocket", wie die lediglich 1,52 m große Jamaikanerin genannt wird, ist zusammen mit Teamkollegin Elaine Thompson die bislang Jahresschnellste (10,73). Zwei Olympiasiege und sieben WM-Titel hat Fraser-Pryce im Briefkopf stehen, ebenso wie eine sechsmonatige Dopingsperre (positiv getestet auf ein nicht leistungssteigerndes Schmerzmittel). Die WM in London verpasste die Jamaikanerin aus einem guten Grund: Ihr Sohn Zyon kam im August 2017 zur Welt. Jetzt ist "Mommy Rocket" wieder da und auf Medaillenkurs.
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Selten hat eine Floskel so gut gepasst: Dafne Schippers ist die "fliegende Holländerin". In ihrer Heimat ist sie ein Idol und gilt als Nachfolgerin der legendären "fliegenden Hausfrau" Fanny Blankers-Koen. 2013 bei der WM in Moskau noch Dritte im Siebenkampf, kam schon im Jahr darauf der Durchbruch im Sprint - vor allem über 200 m. 2015 und 2017 wurde Schippers Weltmeisterin, 2016 in Rio folgte Olympia-Silber. Vor Doha plagten die Niederländerin Rückenprobleme. Ihre Saisonleistung von 22,45 Sekunden fällt bei einer Bestzeit von 21,63 Sekunden (2015, die drittschnellste je gelaufene Zeit) bescheiden aus.
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Regen und eine rutschige Strecke sind bei einem Hürdenlauf nicht die besten Vorrausetzungen, Dalilah Muhammad kommt bei diesen Bedingungen erst richtig in Fahrt. Bei den verregneten US-Trials Ende Juli verbesserte die 29-Jährige den Weltrekord über 400 m Hürden auf 52,20 Sekunden. Die bisherige Bestmarke der Russin Julia Petschonkina aus dem Jahr 2003 lag bei 52,34 Sekunden. "Ich bin geschockt, diese Zeit hat mich umgehauen", sagte die Olympiasiegerin von Rio (ebenfalls auf nasser Bahn), die sich kurz vor ihrem Rekordlauf bei einem Sturz ein leichte Gehirnerschütterung zugezogen hatte. In Doha strebt Muhammad ihr erstes WM-Gold nach zweimal Silber (2013 und 2017) an, und noch mehr: "In Katar könnte der Rekord erneut fallen. 51 Sekunden sind möglich, wenn auch nicht unbedingt von mir. Wir sind alle so dicht dran."
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Amtierende Olympiasiegerin, Europameisterin und Weltmeisterin: Im Siebenkampf ist Nafissatou Thiam aktuell das Maß der Dinge. 2017 stieg die Belgierin in den Club der 7.000er auf, ihre Bestleistung von 7.013 Punkten (Götzis) ist der drittbeste jemals erzielte Wert. Thiam führt auch in diesem Jahr die Bestenliste an (6.819 Punkte) und liegt klar auf Kurs Titelverteidigung. Zusätzlichen Rückenwind hat die Hochsprung-Spezialistin (mit 2,02 m liegt sie in der Weltjahresbestenliste auf Rang zwei) kurz vor der WM erhalten. "I am freeeeee", postete Thiam Anfang September, nachdem sie ihr Geografie-Studium an der Universität Lüttich erfolgreich abgeschlossen hatte. "Kein Jonglieren mehr zwischen Uni und Sport, keine schlaflosen Nächte mehr, keine Prüfungsvorbereitungen mehr in Trainingslagern." Keine guten Nachrichten für die Konkurrenz.
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Wenn es eine Herausforderin für Thiam gibt, dann ist das sicherlich Katarina Johnson-Thompson. Die Britin liegt in der Weltjahresbestenliste mit 6.813 Punkten auf Rang zwei hinter der Belgierin. Bei der EM 2018 in Berlin holte Johnson-Thompson Silber, nur 57 Punkte hinter Thiam. Ein Olympia- oder WM-Treppchen fehlt der 26-Jährigen allerdings noch.
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Sifan Hassan hat im WM-Jahr für mächtig Furore auf den Laufbahnen gesorgt. Die Niederländerin mit äthiopischer Herkunft sicherte sich sowohl über 1.500 m als auch über 5.000 m den Diamond-League-Jackpot, in Summe also 100.000 Euro. Beim Meeting in London Ende Juli sprang zudem ein Europarekord über 5.000 m heraus - 14:22,12 Minuten. Dabei blieb die 26-Jährige rund anderthalb Sekunden unter der bisherigen Bestmarke der Russin Lilija Schobuchowa aus dem Jahr 2008 (14:23,75). Kurz zuvor hatte Hassan den Weltrekord über eine Meile gebrochen (4:12,33). Für Doha hat die WM-Dritte von London (5.000 m) und Peking (1.500 m) angekündigt, die 10.000 und 5.000 m in Angriff zu nehmen und der starken Konkurrenz aus Äthiopien und Kenia die Stirn zu bieten.
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Wenn die Medaillen im Diskuswurf der Frauen bei internationalen Großereignissen vergeben werden, dann ist seit 2010 Sandra Perkovic ein Plätzchen auf dem Treppchen sicher, eigentlich immer das in der Mitte. Lediglich bei der WM 2015 in Peking musste sich die Kroatin mit Silber begnügen. Bei den Olympischen Spielen 2012 und 2016, den Weltmeisterschaften 2013 und 2017 und den jüngsten fünf Europameisterschaften ging Gold an Perkovic. In Doha soll der dritte WM-Sieg her. Die 29-Jährige ist eine klassische Meisterschaftswerferin. "Sie ist eine nette Person, aber während des Wettbewerbs will sie dich töten", fasste es Frauen-Bundestrainer René Sack einmal ganz gut zusammen. Es liegt aber auch ein Schatten auf der glanzvollen Karriere der Kroatin: 2011 wurde bei ihr das verbotene Stimulanzmittel Methylhexanamin nachgewiesen. Durch die sechsmonatige Sperre verpasste Perkovic die WM in Daegu.
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15,41 m, was für ein Satz! Drei Wochen vor dem WM-Start setzte Dreispringerin Yulimar Rojas ein Ausrufezeichen. Die erste Leichtathletik-Weltmeisterin aus Venezuela, 2017 in London holte sie Gold, legte im spanischen Andujar den zweitbesten Sprung der Geschichte hin. Damit übertraf Rojas ihre persönliche Bestweite um 30 Zentimeter. Zum Weltrekord der Ukrainerin Inessa Krawez (15,50 m) aus dem Jahr 1995 fehlten ihr nur neun Zentimeter. "Ich kann es nicht glauben. Ich bin so glücklich, mir fehlen die Worte", sagte die Olympia-Zweite von Rio der spanischen Zeitung "Marca".
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Ein Wörtchen mitreden im Kampf um die Dreisprung-Medaillen wird in Doha auch Caterine Ibarguen. Die Grande Dame des "Hop-Step-Jump" liegt in der Weltjahresbestenliste mit 14,89 m auf Rang drei, hinter Rojas und der starken Jamaikanerin Shanieka Ricketts (14,93 m). Ibarguen ist die einzige kolumbianische Leichtathletin mit zwei olympischen Medaillen. In London 2012 gewann sie Silber, vier Jahre später in Rio krönte sich die Südamerikanerin zur Olympiasiegerin. Die 35 Jahre alte zweimalige Weltmeisterin (2013 und 2015) ist aus dem Leichtathletik-Zirkus kaum wegzudenken. Vor 20 Jahren, als 15-Jährige, hatte Ibarguen bei den Südamerikameisterschaften ihre erste internationale Medaille gewonnen: Bronze im Hochsprung mit 1,76 m.
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Eine Weltrekordlerin ohne nennenswerte internationale Freiluft-Medaille? Ja, das gibt es. Kendra Harrison hob vor gut drei Jahren die Hürdenwelt aus den Angeln. Am 22. Juli 2016 lief die Amerikanerin über 100 m Hürden 12,20 Sekunden. Damit brach die 27-Jährige eine der ältesten Bestmarken. 1988 war die Bulgarin Jordanka Donkowa 12,21 Sekunden gerannt. Die inoffizielle Zeit für die ganz tief unter dem Lichtstrahl am Streckenrand ins Ziel getauchte Harrison wies im Londoner Olympiastadion zunächst "nur" 12,58 Sekunden aus. Das wurde aber rasch auf 12,20 Sekunden korrigiert. Ein Jahr später blieb für die Weltrekordlerin bei der WM an selber Stelle nur der undankbare vierte Platz. Der Hallen-Titel 2018 in Birmingham über 60 m Hürden war nur ein schwacher Trost. In Doha will die Dritte der Weltjahresbestenliste, hinter den Jamaikanerinnen Danielle Williams und Janeek Brown, endlich ihre erste "große" Medaille holen.
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Olympisches Gold, vier WM-Siege und zahlreiche nationale Titel: Weitsprung-Legende Brittney Reese muss niemandem mehr etwas beweisen, ist mit 33 Jahren aber immer noch in der Weltspitze unterwegs und hat noch ein großes Ziel: "Ich möchte noch einmal bei Olympia starten, und ich will, dass dann Alex dabei ist und es miterlebt." Ihr Adoptivsohn ist der Antrieb der Amerikanerin, den Weg bis Tokio 2020 zu gehen - mit dem Zwischenstopp Doha. Der Körper meldet sich zwar immer schneller und schmerzhafter zu Wort, aber "ich gehe immer noch gerne zum Training". Ihr Sohn auch. Der gewann in diesem Sommer einen Jugendwettbewerb - im Weitsprung. "Er sagt, dass er einmal mehr Medaillen als ich haben wird", so Reese.
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Gestatten, die erfolgreichste WM-Athletin aller Zeiten: Allyson Felix. Elfmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze hat die grazile Amerikanerin mit den raumgreifenden Schritten gewonnen - bislang. In Doha, bei ihren neunten Weltmeisterschaften, könnten für Felix noch zwei Podestplätze dazukommen: mit der 4x400-m-Frauen- und der Mixed-Staffel. Im Einzel wird die Kalifornierin nicht antreten. Den Grund dafür hält sie seit Ende November 2018 im Arm: Töchterchen Camryn. Bei ihrem Comeback nach 13-monatiger Baby-Pause kam Felix im Sommer bei den US-Trials über 400 m "nur" auf Rang sechs. "Ich wäre verrückt, wenn ich sagen würde, dass ich enttäuscht bin", sagte die 33-Jährige danach. Das war sie vielmehr von ihrem Ausrüster Nike, der ihr während der Schwangerschaft einen 70 Prozent geringer dotierten Vertrag anbot. "Es ist ein Beispiel für eine Sport-Industrie, in der Regeln immer noch meistens für und von Männern gemacht werden", schrieb Felix damals in der "New York Times" und fand einen neuen Ausrüster.
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Christian Coleman, der Vize-Weltmeister von 2017, ist der Senkrechtstarter der Sprintszene und als Jahresschnellster über 100 m (9,81 Sekunden) ein heißer Kandidat auf den Titel in Doha. Der 23 Jahre alte Amerikaner hat allerdings auch eine "Missed Tests"-Affäre im Gepäck. Am 6. Juni 2018, am 16. Januar 2019 und auch am 26. April 2019 verpasste der US-Athlet Dopingkontrollen. Bei drei "missed tests" innerhalb eines Jahres drohte Coleman eine Sperre von bis zu zwei Jahren. Doch dazu kam es nicht. Die WADA-Regeln besagen, dass "missed tests" auf den ersten Tag des betroffenen Quartals rückdatiert werden. So wurde bei ihm aus dem 6. Juni der 1. April 2018 und die drei verpassten Tests innerhalb von zwölf Monaten waren vom Tisch. Colemans Kommentar: "Ich weiß, dass ich niemals verbotene Substanzen genommen und dass ich niemals gegen eine Anti-Doping-Regel verstoßen habe. Ich arbeite hart im Training, trinke Wasser, ruhe mich aus und arbeite am nächsten Tag noch härter."
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Wer Noah Lyles in den Diamond-League-Serien (mittlerweile vier Gesamtsiege) beobachtet hat, mag kaum glauben, dass der US-Sprinter bislang bei keiner großen Meisterschaft vorstellig geworden ist. Die WM in Doha wird sein erster Auftritt auf ganz großer internationaler Bühne. "Dort muss ich mein Bestes geben, um Gold zu gewinnen", sagte der 22-Jährige, der in Katar im Einzel nur über 200 m starten wird. Als 100-m-Diamond-League-Gesamtsieger hat der Mann aus Florida zwar eine Wildcard, Titelverteidiger Justin Gatlin allerdings auch. Und nur ein Wildcard-Starter pro Disziplin und Nation ist möglich. Lyles' Paradestrecke sind ohnehin die 200 m. Im Juli in Lausanne avancierte er in 19,50 Sekunden zum viertschnellsten 200-m-Läufer der Geschichte, natürlich mit extravaganten, halbhohen Socken an den Füßen. Sie sind Lyles' Markenzeichen. Zuletzt leuchteten sie grün, mit kleinen abstehenden Flügeln, in Anlehnung an eine Manga-Serie. Nicht nur deswegen darf das Publikum auf den Auftritt des 200-m-Favoriten in Doha gespannt sein.
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Justin Gatlin hat bereits Goldmedaillen eingeheimst, als Coleman noch in den Kinderschuhen um den Tannenbaum gesprintet ist. 100-m-Olympiasieger 2004 in Athen, Doppel-Weltmeister über 100 und 200 m 2005 in Helsinki: Der mittlerweile 37 Jahre alte Gatlin kann auf eine lange und hochdekorierte Karriere zurückblicken. Dabei dürfte der Amerikaner streng genommen gar nicht mehr mitsprinten. Gatlin ist in puncto Doping eigentlich Wiederholungstäter. 2001 wurde er positiv auf Amphetamine getestet, "wegen außergewöhnlicher Umstände" aber nur für ein Jahr gesperrt. Das war der Grund, warum er 2006 bei seinem zweiten positiven Test (Testosteron) nicht als Wiederholungstäter behandelt wurde und letztlich mit vier Jahren Sperre davon kam. 2010 war er zurück, lief im Mai 2015 mit 9,74 Sekunden die viertschnellste 100-m-Zeit der Geschichte und holte sich 2017 in London wieder WM-Gold.
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Sollte Hollywood nach neuen Geschichten suchen, jene von Weitspringer Luvo Manyonga böte reichlich Stoff - im wahrsten Sinne des Wortes. Als junger Erwachsener siechte der Südafrikaner in einem Township von Kapstadt dahin, besoff sich und konsumierte Crystal Meth. "Ich war in der Nähe des Todes", sagte Manyonga. Doch statt tot war er nur zwei Jahre später Weitsprung-Weltmeister und mit 8,65 m Afrika-Rekordler. In Doha ist der 28-Jährige nach einer durchwachsenen Saison hinter dem kubanischen Favoriten Juan Miguel Echevarria eher Außenseiter - doch Manyonga hat schon weitaus größere Comebacks geschafft.
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Will Claye kann auch weit springen, ob Weit- oder Dreisprung. 2012 in London brachte der Amerikaner das Kunststück fertig, in beiden Disziplinen eine olympische Medaille zu gewinnen - Bronze und Silber. Mit zweiten und dritten Plätzen kennt sich der 28-Jährige bei großen Meisterschaften aus, in Doha soll endlich das erste Gold her - im Dreisprung. Betrachtet man die Vorleistungen, führt an ihm kein Weg vorbei. Im Juni dieses Jahres sprang der Hallenweltmeister 18,14 m - die drittbeste Weite der Geschichte. Zu Clayes Geschichte gehört auch ein positiver Doping-Test auf Clenbuterol. Die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA sprach Claye allerdings frei, weil die positive Urinprobe wohl auf den Verzehr von kontaminiertem Fleisch in Mexiko zurückzuführen sei. Eine andere Erklärung sei "unwahrscheinlich".
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Im Regen von London ging der Stern von Karsten Warholm auf. Unbeschwert, überraschend forsch, ohne groß darüber nachzudenken, trommelte der Norweger bei der WM in Englands Hauptstadt die 400 m Hürden in 48,35 Sekunden auf die Olympiabahn: Weltmeister! Mit gerade einmal 21 Jahren, einen jüngeren hat es in dieser traditionsreichen Disziplin noch nicht gegeben. "Ich bin jung, ich bin dumm, ich bin einfach drauflos gerannt", war wohl der meistzitierte Satz dieser WM. Ein One-Hit-Wonder? Mitnichten! Im vergangenen Jahr holte sich Warholm in Berlin auch EM-Gold und setzte in diesem Jahr noch einen drauf: In Zürich leuchtete Ende August nach dem nächsten "Nach-mir-kommt-die-Sintflut"-Auftritt des Norwegers eine Zeit von 46,92 Sekunden auf der Anzeigetafel auf. Wieder ein Europarekord Warholms, aber, und das war noch viel bemerkenswerter, auch die zweitschnellste Zeit, die jemals gelaufen wurde. 27 Jahre zuvor hatte Kevin Young mit 46,78 Sekunden die gültige Weltbestmarke gesetzt. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, bis dieser spektakuläre Skandinavier auch diesen Meilenstein setzt. In Doha wird Gold nur über ihn gehen, wobei Rai Benjamin nicht zu vergessen ist. Im Zürich-Rennen kam der Amerikaner in Warholms "Windschatten" in 46,98 Sekunden ins Ziel, die drittschnellste jemals gelaufene Zeit. Zwei Läufer unter 47 Sekunden hatte es zuvor noch nie in einem Langstrecken-Hürdenrennen gegeben.
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Platter, als das Wort "Überflieger" für einen Stabhochspringer zu benutzen, geht es kaum. Im Fall von Armand Duplantis führt daran aber beim besten Willen kein Weg vorbei. Der Schwede verblüffte im vergangenen Jahr das internationale Publikum mit einem denkwürdigen Wettkampf bei den Europameisterschaften in Berlin. Mit beängstigender Leichtigkeit schraubte sich der damals 18-Jährige über jede Höhe und meisterte letztlich unglaubliche 6,05 m. EM-Gold, das Staunen der Zuschauer und der Respekt der Konkurrenz waren ihm sicher. "Mondo", wie Duplantis nur gerufen wird, geht wirklich als "Wunderkind" des Stabhochsprungs durch. Als Vierjähriger sprang er bereits mit einem Besenstiel im heimischen Wohnzimmer aufs Sofa und eiferte dem Vater nach, der in seiner Karriere 5,80 m gemeistert hatte. Mit sieben Jahren stellte Duplantis eine erste Weltbestleistung auf, mit 13 hielt er bereits sieben Altersgruppenweltrekorde. Der Weg auf den Stab-Olymp scheint vorgezeichnet. In diesem Jahr ist der 19-Jährige bereits 6 m gesprungen. "Ich werde nie aufhören, bis ich der Beste bin", sagte der U18-Weltmeister von 2015. WM-Gold und Olympiasieg sollen folgen, und dann ist Duplantis natürlich scharf auf den Weltrekord. 6,18 m? "Es ist nur eine Frage der Zeit", sagte er jüngst der "Welt".
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Damit würde Duplantis Renaud "Air" Lavillenie vollends entthronen. Der 33 Jahre alte Franzose kam mit 15 vom Voltigieren zur Leichtathletik und schickte sich an, einer der besten Stabhochspringer der Geschichte zu werden. Der Weltrekordler (6,16 m in der Halle) hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt - außer diesem - mit Verlaub - verdammten WM-Titel. Viermal Bronze und einmal Silber hängen bei Lavillenie im Schrank. Kommt in Doha endlich WM-Gold dazu? In diesem Jahr steht der Olympiasieger von 2012 mit 5,85 m nur auf Rang sieben. Trotzdem ist der Franzose, der seinen legitimen Nachfolger Duplantis in diesem Sommer auf der Stabhochsprunganlage im heimischen Garten empfing, immer für eine famose Flugshow gut.
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Der Stabhochsprung-Wettbewerb der Männer in Katar verspricht ähnlich Außergewöhnliches wie vor einem Jahr in Berlin. Immerhin wird neben den bekannten europäischen Größen dann auch der aktuell Weltbeste den Stab schwingen: Titelverteidiger Sam Kendricks. Der Amerikaner schraubte sich im Juli bei den US-Trials über 6,06 m. Seit Sergej Bubkas legendären 6,14 m vor 25 Jahren in Sestriere ist kein Stabhochspringer unter freiem Himmel höher gekommen. Nach dem amerikanischen Rekord begruben seine Stabhochsprung-Kollegen Kendricks unter sich, ehe der 27-Jährige in die Arme des Vaters sank und seinen Gefühlen freien Lauf ließ. Jeder gönnte dem Weltmeister von London diesen Moment. Gerade ihm, der während Wettkämpfen eher als Kumpel denn Konkurrent auftritt, seinen Gegnern mit Rat und Tat zur Seite steht. Der Oberleutnant der US-Reservearmee ist ein sympathischer Patriot. Bei den Olympischen Spielen in Rio brach der spätere Bronzemedaillen-Gewinner einen Qualifikationssprung ab und nahm Haltung an. Schließlich wurde gerade die amerikanische Nationalhymne gespielt, zu Ehren der Kugelstoß-Olympiasiegerin Michelle Carter. Für Teamplayer Kendricks eine Selbstverständlichkeit.
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Jesus Angel Garcia lag 1993 bei der WM in Stuttgart am Boden, vor Freude über sein Gold über 50 km Gehen, und wirkt heute etwas aus der Zeit gefallen. Denn der Spanier ist auch in Doha am Start, 26 Jahre nach seinem Debüt im Schwabenland, mit fast 50 Jahren. Es sind die 13. Weltmeisterschaften für Garcia. Lediglich bei den ersten drei Auflagen sowie 2017 hatte er gefehlt. Als der Madrilene bei den legendären schwäbischen Titelkämpfen triumphierte, hießen die Stars der Leichtathletik noch Carl Lewis, Michael Johnson und Heike Drechsler. Generationen kamen und gingen seitdem, einer ist noch da: Garcia, der geht und geht und geht und dabei niemals so ganz geht.
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Die zehn Hindernisse, jedes einzelne 1,067 Meter hoch, möglichst ohne Kontakt zu überwinden, darin liegt die größte Herausforderung für 110-m-Hürdensprinter, um in der Weltspitze mitzumischen. Grundschnelligkeit kann natürlich auch nicht schaden: Und mit der ist bei den Hürdenläufern aktuell Olympiasieger und Weltmeister Omar McLeod am meisten gesegnet. Der Jamaikaner ist die 100 m schon in 9,99 Sekunden gelaufen. Seine Hürdenbestzeit liegt bei 12,90 Sekunden (2017), bisher waren nur vier Menschen schneller. In diesen beiden Disziplinen unter 13 und unter 10 Sekunden zu bleiben, ist bislang einmalig.
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Geht es um die Technik, gleitet kaum einer so elegant über die Hürden wie Sergej Schubenkow. Der Russe ist ein Ästhet und hat nicht von ungefähr den Techniker schlechthin als Vorbild: Ex-Weltrekordler Colin Jackson. Der stattete Schubenkow einst sogar mal einen Überraschungsbesuch im heimischen Sibirien ab. In Doha wird der Russe unter neutraler Flagge starten. 2015 in Peking durfte Schubenkow noch die russische Fahne bei der Siegerehrung sehen, nachdem er in 12,98 Sekunden erstmals unter der magischen 13-Sekunden-Marke geblieben war und Gold gewonnen hatte. Mittlerweile steht seine Bestzeit bei 12,92 Sekunden (2018). Das Duell Schubenkow - McLeod hat in diesem Jahr bereits einen der spektakulärsten Zieleinläufe der Hürdengeschichte produziert. Beim Diamond-League-Meeting in Rabat. McLeod kam in Führung liegend an der letzten Hürde ins Straucheln und "grätschte" den an ihm vorbeiziehenden Schubenkow mehr oder weniger um. Der Russe flog im wahrsten Sinne des Wortes über die Ziellinie, aber als Sieger.
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Mit Druck muss jeder Spitzensportler umgehen. Bei der WM in Doha dürfte allerdings selbiger für niemanden ähnlich hoch sein wie für Mutaz Essa Barshim. In einem Team mit zahlreichen eingebürgerten Athleten ist der Hochsprung-Weltmeister von 2017 einer der wenigen gebürtigen Katarer. Doha ist Barshims Heimatstadt. "Ich bin nicht mehr der dumme Junge, der es liebt, zu springen. Ich bin jetzt Botschafter meines Landes und meines Volkes." Gold bei der Heim-WM wäre ein Leichtathletik-Wüstenmärchen. Der Blick auf die nackten Zahlen lässt vermuten, dass es ein kleines Wunder wäre, sollte Barshim tatsächlich zu Hause triumphieren. 2,27 m ist die Saisonbestleistung des Olympia-Zweiten von Rio. Für einen, der 2014 über 2,43 m geflogen ist - nur zwei Zentimeter weniger als Weltrekordler Javier Sotomayor - keine Höhe. Der Grund dafür liegt ein gutes Jahr zurück und in Barshims Ehrgeiz begründet. Beim Meeting im ungarischen Székesfehérvár hatte sich der Katarer die Latte auf 2,46 m legen lassen, scheiterte dreimal und trug einen Bänderriss davon. Eine Verletzung mit Folgewirkung. Musste er als zierlich gebauter 1,92-Meter-Mann schon vorher sein Sprungtraining dosieren, kann er nun noch weniger machen. Die Verletzungsgefahr ist zu hoch.
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Der neue "König der Athleten" heißt spätestens seit dem 16. September 2018 Kevin Mayer. An diesem Tag schraubte der Franzose in Talence den Weltrekord im Zehnkampf auf beeindruckende 9.126 Punkte, 81 mehr als Ashton Eaton drei Jahre zuvor. Nach dem Tschechen Roman Šebrle (9.026/2001) und eben Eaton (9.045) ist er der dritte Zehnkämpfer, der die 9.000-Punkte-Marke überboten hat. "Ich habe lange auf diesen Moment gewartet. Das ist einfach unglaublich", sagte Mayer, der 2017 in London WM-Gold geholt hatte. In Doha geht der 27-Jährige die Mission Titelverteidigung an. Stoppen kann er sich dabei eigentlich nur selbst. Wie bei der EM 2018 in Berlin, als er das Stadion unter Tränen verließ. Raus bereits nach der zweiten Disziplin, dem Weitsprung, ohne gültigen Versuch.
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Neben Hürden-Mann Warholm hat Norwegen aktuell noch ein weiteres junges, wildes Ausnahmetalent im Laufbereich zu bieten: Jakob Ingebrigtsen. Der fünfte der insgesamt sieben Ingebrigtsen-Geschwister, die alle in der Leichtathletik für Aufsehen sorgen und alle von Vater Gjert trainiert werden, setzte 2018 bei der EM in Berlin ein dickes Ausrufezeichen: Europameister über 1.500 und 5.000 m, als 17-Jähriger. Nie zuvor hatte ein Läufer in der EM-Geschichte dieses Double geschafft, nie war ein 1.500-m-Sieger jünger. Mit seinem Sieg über die 1.500 m verlängerte Jakob Ingebrigtsen die Erfolgsgeschichte seiner Familie zu einem Triple: 2012 hatte sein neun Jahre älterer Bruder Henrik ebenso EM-Gold über diese Distanz gewonnen wie 2016 sein sieben Jahre älterer Bruder Filip. In Doha sind wieder alle drei Ingebrigtsens am Start, wobei Jakob und Filip den Doppelstart angehen. Über 1.500 m wird es spannend zu sehen sein, wie sie sich gegen den Jahresschnellsten Timothy Cheruiyot aus Kenia schlagen.
Stand: 02.10.19 23:32 Uhr