
Busemanns WM-Orakel
Busemanns WM-Orakel: Ein Speerwerfer wird's schon richten
Speerwurf-Gold für Deutschland ist allemal möglich. Mit der Kugel und dem Diskus sind die DLV-Werferinnen und -Werfer wahrscheinlich aber (noch) nicht gut genug fürs Treppchen, meint Frank Busemann in seinem WM-Orakel. Übrigens: Im Hammerwerfen ist Deutschland bei der WM in Doha weder bei den Männern, noch bei den Frauen dabei.
Im Speerwurf der Herren haben wir die einzige Disziplin mit vier deutschen Startern. Und was sich da vereint, ist das "Who is who" der Weltelite. Weltmeister Johannes Vetter will seinen Titel nicht verteidigen, sondern neu gewinnen, Olympiasieger Thomas Röhler besticht durch starke Nerven und unglaubliches Selbstvertrauen, Vize-Europameister Andreas Hofmann will sowieso immer gewinnen (macht er auch ziemlich oft!) - und Julian Weber wirkt bei den Hochkarätern schon wie ein Praktikant - mit 86,86 Meter!
Doch eines ist anders als sonst: Mit Magnus Kirt kommt der beste Werfer der Saison aus Estland. Ein Linkshänder?! Wir sind ja nett, einigen wir uns darauf, dass Kirt die Linkshänder-Wertung gewinnt - und Deutschland den Titel. Das wird aber sehr schwer: Über 89 Meter haben in diesem Jahr schon sechs Athleten geworfen, also auch drei Nichtdeutsche. Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen: Ohne Medaille wären wir traurig.
Und diese Disziplin erzählt auch noch eine besondere Geschichte: Der eigentlich nominierte Bernhard Seifert macht seinen Platz für Julian Weber frei, weil seine Formkurve nach unten zeigt und Webers nach oben. Das ist Team-Spirit! Respekt!
Neuer Abschnitt
Deutsches Team
Die deutschen Medaillenkandidaten in Doha
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Deutschlands größte Goldhoffnung heißt Malaika Mihambo. Die Europameisterin springt die sieben Meter seit dieser Saison in Serie und tritt in Doha als Nummer eins der Welt an. Als erste deutsche Weitspringerin machte sie wenige Wochen vor der WM den Gesamtsieg in der lukrativen Diamond League perfekt. Bescheiden bleibt die stille, sympathische Hoffnungsträgerin dennoch.
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Johannes Vetter tritt als Titelverteidiger in Katar an und bescherte dem DLV damit einen vierten Startplatz im Speerwurf der Männer. Der amtierende Weltmeister zeigte nach Verletzungsproblemen zuletzt aufsteigende Tendenz und hofft auf den nächsten großen Coup. Doch auch Olympiasieger und Europameister Thomas Röhler, der deutsche Meister Andreas Hofmann und Julian Weber sind alles andere als chancenlos. Bemerkenswert: Weber erhielt seinen Startplatz vom ursprünglich nominierten Bernhard Seifert, der wegen Formschwäche freiwillig verzichtete.
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Konstanze Klosterhalfen ließ lange offen, ob sie über 1.500 oder 5.000 m antritt. Sie entschied sich für die längere Strecke. Das federleichte Jahrhunderttalent ist in diesem Jahr in der absoluten Weltklasse angekommen. Die deutschen Rekorde purzeln reihenweise, und hat die 22-Jährige vor zwei Jahren bei ihrem WM-Aus im Vorlauf über 1.500 m noch Lehrgeld gezahlt, ist sie mittlerweile auch taktisch gewieft. Ihr Ziel ist das Finale, doch sogar die Chance auf eine Medaille ist da.
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Die Konkurrenz mit unter anderem den USA und Jamaika ist stark. Doch bei Staffelrennen weiß man nie: An einem guten Tag und mit etwas Glück besitzt das DLV-Sprintquartett um Gina Lückenkemper (im Bild vorne) und Tatjana Pinto durchaus Medaillenchancen. 41,67 Sekunden Anfang September beim ISTAF in Berlin waren eine Ansage von Deutschlands schnellsten Frauen.
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Mit der erfahrenen Nadine Müller (im Bild), der deutschen Meisterin Kristin Pudenz und der deutschen Jahresbesten Claudine Vita hat der DLV im Diskuswurf gleich drei Eisen im Feuer. Die Kubanerinnen Perez und Caballero dürften den Sieg unter sich ausmachen und die in den vergangenen Jahren dominierende Sandra Perkovic ist auch noch da. Doch mit etwas Glück kann das Trio um Bronze mitwerfen.
Hussong müsste schon "einen raushauen"
Bei den Damen ist die Chinesin Huihui Lyu die dominierende Athletin der Saison, obwohl sie eine Vielzahl ihrer Wettkämpfe im Reich der Mitte bestritten hat. Trotzdem wird sie das Maß der Dinge sein. Europameisterin Christin Hussong müsste ein Wurf wie bei der EM rausrutschen, das ist schon zahlreichen deutschen Athletinnen gelungen, dann könnte es wieder eine Medaille für Deutschland geben. Vielleicht wird das ja bald im Duden eingetragen:
"Überraschungspenetranz oder 'einen raushauen' hat seinen Ursprung im deutschen Frauen-Speerwurf, in dem zahlreiche Athletinnen am Saisonhöhepunkt (meist EM, WM, Olympische Spiele) der Konkurrenz mit einem formidablen Wurf die Medaillen abknöpften."
Für die U23-Europameisterin Annika-Marie Fuchs kommt das noch zu früh, aber vielleicht zieht sie ins Finale ein.
Bildergalerie
Storl fehlt uns - Daumendrücken für Schwanitz
Im Kugelstoßen fehlt ein Name, der mit Kugelstoßen gleichgesetzt wurde: Kugelstorlen hieß es in den vergangenen zehn Jahren in Deutschland. David Storl fehlt dieses Mal verletzt beziehungsweise uns. Die Goldmedaille geht mit über 22,50 Metern an die ganzen Drehtstoß-Akrobaten, allen voran Olympiasieger Ryan Crouser.
Bei den Damen ist das alte Vokabular noch gebräuchlich. Christina Schwanitz kommt rechtzeitig in Fahrt und hofft offen auf eine Medaille. Da müsste schon viel zusammenkommen, aber warum nicht? Ich wäre dafür! Vorne wird die Chinesin Lijiao Gong relativ sicher Gold mitnehmen, dann kommt der Kampf um Platz zwei, den Athletinnen wie Chase Ealey oder Daniell Thomas-Dodd bestreiten. Eine bleibt auf der Strecke, da wäre also Platz auf der drei. Sara Gambetta und Alina Kenzel entwickeln sich im Schatten der großen Deutschen zusehends. Vielleicht rutscht ihnen am Saisonhöhepunkt einer raus.
Wierig, Wrobel und Hartig haben das Nachsehen

Auch Olympiasieger Christoph Harting dürfte froh sein, es überhaupt erstmal ins WM-Finale zu schaffen.
Im Diskuswurf wird das die Show des Schweden Daniel Stahl. Nach Belieben feuert er die Wurfgeräte über 69 Meter. Einzig der aus dem Mutterland des schnellen Bewegens - nämlich aus Jamaika - kommende Hüne Fredrick Dacres könnte ihm gefährlich werden. Eine Weltklassekonzentration auf höchstem Niveau.
Den deutschen Werfern um Martin Wierig und David Wrobel bleibt da nur das Nachsehen. Für Wierig könnte es vielleicht in den Endkampf gehen. Immer stand er im Schatten der großen Hartings. In dieser Saison ist er Deutschlands Bester. Im letzten Moment nominiert wurde auch Olympiasieger Christoph Harting. Mit einer Saisonbestweite von 66,01 Meter kein Wunder, doch ist die Häufigkeit der Fehl- beziehungsweise der missglückten Versuche in den vergangenen Jahren ein Problem. Für alle drei hat die Qualifikation oberste Priorität.
DLV-Diskus-Trio versucht das eigentlich Unmögliche
Bei den Frauen versuchen Nadine Müller, Kristin Pudenz und Claudine Vita den bronzenen Platz zu erreichen. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen, da Seriensiegerin Sandra Perkovic von den beiden Kubanerinnen Yaime Perez und Denia Caballero in die Mangel genommen wird - und weil die drei einfach in einer anderen Liga werfen.
Müller besticht durch Klasse und Erfahrung, aber die beiden Jüngeren, Pudenz und Vita, entwickeln mit zunehmendem Alter diese taktvolle, stoische Explosivität, die man fürs Diskuswerfen benötigt.
Deutsches Team
Stand: 26.09.19 09:40 Uhr