
WM-Geschichte
1987: Kritik am Kommerz in Rom
Ben Johnsons Fabelweltrekord über 100 m - nur Betrug. Echt dagegen der "Weltrekord" von 1.451 Athleten aus 159 Nationen. Unvergessen: Harald Schmids vergeblicher Griff nach Gold.
9,83 - diese Zahlen hatten die Geschichte der Leichtathletik umgeschrieben an jenem 30. August 1987. Ben Johnsons 100-m-Lauf ging in die Annalen ein als "Jahrhundert-Weltrekord", weil der Kanadier die alte Bestmarke von Calvin Smith aus der Höhenlage von Colorado Springs gleich um eine Zehntelsekunde nach unten geschraubt hatte. Bekanntlich war Johnson ein Jahr danach in Seoul mit 9,79 Sekunden noch schneller - und wie sich die Sportwelt weiter erinnert, waren die Grundlagen für seinen Geschwindigkeitsrausch auf der Tartanbahn mit den Doping-Regularien unvereinbar. Die vermeintlich "historischen" Rekorde des Ben Johnson wurden mit Wirkung zum 1. Januar 1990 aus den Statistiken gelöscht und Carl Lewis nachträglich zum 100-m-Weltmeister von Rom gekürt. Ein anderer Weltrekord von Rom hat dagegen bis heute Bestand - die 2,09 m im Hochsprung der Bulgarin Stefka Kostadinowa.
"Weltrekord" mit 1.451 Athleten aus 159 Nationen
Mit der WM vom 28. August bis zum 6. September 1987 feierte der Leichtathletik-Weltverband IAAF in Rom zugleich seinen 75. Geburtstag. Kritik erntete der von dem Italiener Primo Nebiolo geführte Verband für die aufdringliche Vermarktung der Veranstaltung, die die Athleten fast als Nebendarsteller erscheinen ließ. In Michael Gernandts Schlusskommentar der DLV-Dokumentation zur WM heißt es, Rom habe weder die Natürlichkeit von Helsinki noch die Herzlichkeit und Fairness von Stuttgart (EM 1986) besessen. Allerdings wartete die italienische Hauptstadt mit einem weiteren "Weltrekord" auf: 1.451 Athleten aus 159 Nationen waren angereist; der DLV stellte 67 davon.
Moses gewinnt "Kampf der Titanen"

Edwin Moses (r.) siegt über 400 m Hürden vor Danny Harris (li., beide USA) und Harald Schmid (BRD)
Mit 31 Medaillen (10 Gold/11 Silber/10 Bronze) waren die 52 DDR-Athleten die großen Gewinner von Rom; der DLV kam auf ganze drei Plaketten aus Edelmetall. Die "wertvollste" holte der Mainzer Siggi Wentz mit Silber im Zehnkampf-Duell mit Torsten Voss. Eine Bronzemedaille, die fast golden gewesen wäre, steuerte Harald Schmid dazu bei: Im "Kampf der Titanen" genannten Finale über 400 m Hürden war der deutsche Vorzeige-Athlet Weltrekordler Edwin Moses ein weiteres Mal unterlegen - um den Wimpernschlag von zwei Hundertstelsekunden, innerhalb derer sich gleich drei Läufer ins Ziel warfen.
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WM-Geschichte
Die besten WM-Athleten aller Zeiten
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Allyson Felix: Seit 2005 ist auf den WM-Treppchen immer ein Plätzchen reserviert für die US-amerikanische Sprinterin. Lediglich 2013 in Moskau heimste Felix verletzungsbedingt kein Edelmetall ein. Durch zwei Erfolge mit den Staffeln und Rang drei über 400 m in London 2017 wuchs die Sammlung der grazilen Kalifornierin auf 16 WM-Medaillen an - elfmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze.
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Usain Bolt: Der Ausnahmesprinter aus Jamaika hat seit 2007 insgesamt 14 WM-Medaillen über 100, 200 und 4x100 m eingesammelt - elf goldene, zwei silberne und eine bronzene. Die Weltmeisterschaften in London waren die letzten für den Weltrekordler. Über 100 m holte er "nur" Bronze. Im Staffelfinale über 4x100 m musste Bolt als Schlussläufer mit einem Krampf aufgeben, über 200 m war er nicht am Start
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Carl Lewis: Der US-Amerikaner hat die Leichtathletik geprägt wie kaum ein anderer vor ihm. Zwischen 1983 und 1993 heimste Lewis im Sprint und Weitsprung insgesamt zehn WM-Medaillen ein - achtmal Gold, einmal Silber und einmal Bronze.
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Michael Johnson: Der US-Amerikaner hat insgesamt acht WM-Medaillen gewonnen - alle waren golden. Johnson beherrschte in den 1990er-Jahren die internationale Konkurrenz der Stadionrunden-Läufer. Sein bei der WM 1999 in Sevilla aufgestellter Weltrekord (43,18 Sekunden) hatte 17 Jahre Bestand. In Göteborg 1995 brachte der Texaner das Kunststück fertig, neben den 400 m und 4x400 m auch die 200 m zu für sich zu entscheiden.
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LaShawn Merritt: Der US-amerikanische Viertelmeiler hat es seit 2007 auf zehn Medaillen über 400 und 4x400 m gebracht: Siebenmal Gold und dreimal Silber schlagen für ihn zu Buche.
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Shelly-Ann Fraser-Pryce: Die Jamaikanerin sammelt seit 2007 WM-Medaillen. Neun sind es bislang für "Pocket Rocket" wie die gerade einmal 1,52 m große Jamaikanerin gerufen wird: sieben goldene und zwei silberne.
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Mohamed Farah: Der Weg des Briten mit somalischen Wurzeln ist golden. Sechs WM-Titel über 5.000 und 10.000 m hat das Langstrecken-Ass seit 2011 gesammelt, dazu noch zwei Silbermedaillen. 2017 wurde "Sir" Farah in den Adelsstand erhoben.
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Sergej Bubka: Der Ukrainer beherrschte den Stabhochsprung über Jahre und war der erste Sechs-Meter-Springer (1985). Von 1983 bis 1997 gewann Bubka sechs WM-Goldmedaillen für die UdSSR und die Ukraine.
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Gail Devers: Die US-Amerikanerin hat zwischen 1991 und 2001 insgesamt acht WM-Medaillen gekrallt. Fünfmal Gold und dreimal Silber gewann das Multitalent mit den langen Fingernägeln in den Disziplinen 100, 4x100 und 100 m Hürden.
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Sanya Richards-Ross: Die US-Amerikanerin jamaikanischer Herkunft sprintet seit 2005 regelmäßig auf die WM-Treppchen. Fünfmal Gold und zweimal Silber verbuchte sie seitdem über 400 m und mit der 4x400-m-Staffel der USA.
Stand: 26.06.17 11:21 Uhr