
WM-Geschichte
1995: Wendepunkt in Göteborg
Von den 1.804 Athleten aus 191 Nationen ragten keine deutschen heraus: Jonathan Edwards und Inessa Kravets glänzten mit Weltrekorden im Dreisprung, Michael Johnson holte Doppel-Gold.
Bei den Titelkämpfen vom 4. bis 13. August 1995 fand sich das 91-köpfige deutsche Team in einem Leistungstief wieder, das Kritik provozierte. "Ganz offensichtlich war die Mannschaft leistungsstärker eingeschätzt worden", bilanzierte DLV-Präsident Prof. Dr. Helmut Digel. 43 von 95 Athleten waren bereits in der ersten Runde gescheitert, von denen nur etwa ein Drittel gesundheitliche Gründe geltend machen konnte. Von den 1.804 Athleten aus 191 Nationen - beide Zahlen ein neuer Rekord - ragten also in erster Linie die Nicht-Deutschen heraus.
Riedel und Kumbernuss erfüllen Erwartungen
Zu den prominentesten "Aussteigern" des DLV-Teams gehörten damals Heike Drechsler, die sich nach verpasstem Weitsprung-Endkampf vergeblich im Siebenkampf versucht hatte, Siebenkämpferin Sabine Braun, die aufgrund einer Prellung am Zeigefinger-Gelenk ihren zweiten WM-Platz von Stuttgart nicht mehr verteidigen konnte, und Paul Meier, der nach nur drei Disziplinen des Zehnkampfes wegen fehlender Form aufgab. Lediglich Lars Riedel im Diskuswerfen und Astrid Kumbernuss im Kugelstoßen erfüllten die in sie gesetzten "goldenen" Erwartungen.
Jonathan Edwards: Gleich zwei Weltrekorde
Der Brite Jonathan Edwards sprang gleich zweimal in seinem Dreisprung-Finale zu Weltrekorden. Die Ukrainerin Inessa Kravets tat es Edwards ebenfalls mit Weltrekord im Dreisprung gleich. Abonnement-Sieger Sergej Bubka sicherte sich seinen fünften Stabhochsprung-Titel. Ivan Pedroso setzte in Göteborg zu seinem Titel-Hattrick im Weitsprung an. Und nicht zuletzt Ausnahmesprinter Michael Johnson, der seine "Gold-Doublette" von Atlanta über 200 und 400 m schon einmal vorwegnahm.
Sportliche Kontinentalverschiebung
Dass Deutschland sowohl im Medaillenspiegel als auch in der Platzierungstabelle noch auf Rang drei landete, war auch der größer gewordenen Zahl von Nationen zu verdanken, die bei der Plakettenvergabe mitmischten. Waren bei der WM-Premiere 1983 in Helsinki die Gold-Gewinner noch aus nur 14 Ländern gekommen, waren es in Göteborg schon 24. Die "sportliche Kontinentalverschiebung weg von Europa, hin zu Afrika und Asien" (Digel) machte den klassischen Leichtathletik-Nationen das Gewinnen zusehends schwerer.
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WM-Geschichte
Die besten WM-Athleten aller Zeiten
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Allyson Felix: Seit 2005 ist auf den WM-Treppchen immer ein Plätzchen reserviert für die US-amerikanische Sprinterin. Lediglich 2013 in Moskau heimste Felix verletzungsbedingt kein Edelmetall ein. Durch zwei Erfolge mit den Staffeln und Rang drei über 400 m in London 2017 wuchs die Sammlung der grazilen Kalifornierin auf 16 WM-Medaillen an - elfmal Gold, dreimal Silber und zweimal Bronze.
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Usain Bolt: Der Ausnahmesprinter aus Jamaika hat seit 2007 insgesamt 14 WM-Medaillen über 100, 200 und 4x100 m eingesammelt - elf goldene, zwei silberne und eine bronzene. Die Weltmeisterschaften in London waren die letzten für den Weltrekordler. Über 100 m holte er "nur" Bronze. Im Staffelfinale über 4x100 m musste Bolt als Schlussläufer mit einem Krampf aufgeben, über 200 m war er nicht am Start
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Carl Lewis: Der US-Amerikaner hat die Leichtathletik geprägt wie kaum ein anderer vor ihm. Zwischen 1983 und 1993 heimste Lewis im Sprint und Weitsprung insgesamt zehn WM-Medaillen ein - achtmal Gold, einmal Silber und einmal Bronze.
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Michael Johnson: Der US-Amerikaner hat insgesamt acht WM-Medaillen gewonnen - alle waren golden. Johnson beherrschte in den 1990er-Jahren die internationale Konkurrenz der Stadionrunden-Läufer. Sein bei der WM 1999 in Sevilla aufgestellter Weltrekord (43,18 Sekunden) hatte 17 Jahre Bestand. In Göteborg 1995 brachte der Texaner das Kunststück fertig, neben den 400 m und 4x400 m auch die 200 m zu für sich zu entscheiden.
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LaShawn Merritt: Der US-amerikanische Viertelmeiler hat es seit 2007 auf zehn Medaillen über 400 und 4x400 m gebracht: Siebenmal Gold und dreimal Silber schlagen für ihn zu Buche.
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Shelly-Ann Fraser-Pryce: Die Jamaikanerin sammelt seit 2007 WM-Medaillen. Neun sind es bislang für "Pocket Rocket" wie die gerade einmal 1,52 m große Jamaikanerin gerufen wird: sieben goldene und zwei silberne.
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Mohamed Farah: Der Weg des Briten mit somalischen Wurzeln ist golden. Sechs WM-Titel über 5.000 und 10.000 m hat das Langstrecken-Ass seit 2011 gesammelt, dazu noch zwei Silbermedaillen. 2017 wurde "Sir" Farah in den Adelsstand erhoben.
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Sergej Bubka: Der Ukrainer beherrschte den Stabhochsprung über Jahre und war der erste Sechs-Meter-Springer (1985). Von 1983 bis 1997 gewann Bubka sechs WM-Goldmedaillen für die UdSSR und die Ukraine.
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Gail Devers: Die US-Amerikanerin hat zwischen 1991 und 2001 insgesamt acht WM-Medaillen gekrallt. Fünfmal Gold und dreimal Silber gewann das Multitalent mit den langen Fingernägeln in den Disziplinen 100, 4x100 und 100 m Hürden.
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Sanya Richards-Ross: Die US-Amerikanerin jamaikanischer Herkunft sprintet seit 2005 regelmäßig auf die WM-Treppchen. Fünfmal Gold und zweimal Silber verbuchte sie seitdem über 400 m und mit der 4x400-m-Staffel der USA.
Stand: 26.06.17 10:29 Uhr