
Busemanns WM-Kolumne
Unter der Sonne von Peking sind alle gleich
von Frank Busemann
Angesichts der Hitze bei der WM bringt ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann Verständnis für Kaltduscher und Polarkreis-Urlauber auf. Die Zehnkämpfer tragen sonderbare "Kühlsysteme".
Da wird im Sport immer von Fair Play gesprochen und dann findet eine Weltmeisterschaft in Peking statt. Heute, am heißesten Tag der Veranstaltung, muss ich mal eine Lanze für alle Kaltduscher und Polarkreis-Urlauber brechen. Das ist total unfair. Es sind 33 Grad, und die Luftfeuchtigkeit ist enorm. Ich schaue an mir runter und sehe auf meinem Shirt Salzkrusten. Und das sind keine Überbleibsel meines Mittagessens! Alle Athleten aus tropischen Gefilden werden enorme Vorteile in solch hitziger Konstellation haben. Auf dem Platz ist es für alle gleich, doch jeder reagiert anders auf äußere Umstände.
Jetlag entsteht im Kopf
Jetzt liegt es am Sportler selbst, wie er damit umgeht. Er kann lamentieren und zetern ob der irregulären Bedingungen, oder er kann es akzeptieren. Es wird ihm nichts anderes übrigbleiben, wenn er konkurrenzfähig bleiben will. Er hat auch eine enorme Anzahl von Möglichkeiten, sich vorzubereiten. Akklimatisierung und Training sind die Zauberwörter. Der Körper muss auf den Wettkampf vorbereitet werden, so lässt sich die Zeitzone schon im Training ein wenig anpassen. Jennifer Oeser prägte hier die Feststellung, dass es den Jetlag nur im Kopf gebe. Als junge Mutter ein lockerer aber logischer Spruch.
Körperkerntemperatur unten - Leistungsfähigkeit oben
Die Hitze lässt sich zum Beispiel in der heimischen Sauna und in der Mittagssonne antesten (Klimaschutz und Hautkrebsrisiko müssen in der weltmeisterschaftlichen Vorbereitung mal außer Acht gelassen werden). Und dann gibt es da noch die Kühlwesten. Die Zehnkämpfer rennen die ganze Zeit mit diesen Dingern durch die Gegend. Sie sollen die Körperkerntemperatur unten und die Leistungsfähigkeit oben halten. Sieht modisch eher nach 70er-Jahren aus, aber der Zweck heiligt die Mittel. Ashton Eaton verkriecht sich sogar unter einer Kühlhaube.
Hauptsache, der Kopf funktioniert

Die Zuschauer im "Vogelnest" schützen sich mit Sonnenschirmen.
Darüber hinaus wurde von der medizinischen Abteilung der deutschen Mannschaft empfohlen, das Essen zu salzen. Das angebotene Wasser sei zu natriumarm, und dementsprechend muss bei Flüssigkeitsverlust nachgeholfen werden. Trinken will gelernt sein, und auch das lässt sich vorher trainieren. In regelmäßigen Abständen den Organismus an die vermehrte Zufuhr gewöhnen geht ganz leicht - schluck, gluck, zisch. Es muss allerdings auf schnell verfügbaren Toilettenzugang geachtet werden, das nervt mitunter. Wenn wir all diese Maßnahmen zusammenfassen, dann können wir letztendlich nur sagen, dass das Wichtigste die Spikes sind, die ins Handgepäck gehören und ein Kopf, der funktioniert. Vorteil in Peking ist, dass keiner frieren muss, die Muskulatur besser warm wird und bleibt. Fertig. Und dann ist es doch wieder für alle gleich.
Stand: 28.08.15 17:24 Uhr